Nachbau eines Hackbretts

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sproeber
Beiträge: 7
Registriert: Fr 07. Okt 2016, 15:12

Nachbau eines Hackbretts

Beitrag von sproeber »

Liebe Forenmitglieder,
zuerst einmal, ich bin ganz neu bei Euch und würde mich freuen, in die Gemeinde der Musikinstrumenten Liebhaber aufgenommen zu werden.

Mein aktuelles Problem:

Vor Jahren habe ich aus der Sammlung von Hans Christian Andersen eine Hackbrettuhr ersteigert, bzw. konnte ich diese kaufen, da ich zuvor zwei Flötenuhren für den Auktionator restaurierte.
Das Hackbrett dieser Uhr ist jedoch in so desolatem Zustand, weshalb ich mich entschlossen habe, dieses vollkommen neu zu bauen, denn das alte Schwarzwälder Uhrwerk läuft wieder und das englische Gehäuse der Uhr ist auch ok und ich möchte in absehbarer Zeit erleben, welche 7 Melodien auf die Walze der Uhr - in der Zeit zwischen 1740 - 1780 - gestochen wurden.

Je mehr man in die Materie eindringt, desto mehr Fragen ergeben sich:

Aktuell frage ich:
Werden Wirbel, egal, ob beim Clavier, Cembalo, oder Zither/Hackbrett, ins Klavierholz eingeschlagen, oder muss man diese eindrehen ?
Ich habe festgestellt, dass Wirbel im Schaft ein sehr feines Gewinde haben und das man sie damit aus- oder eindrehen kann. Allerdings gibt es die Wirbel mit Rechts- oder Linksgewinde.

Daraus ergibt sich die zweite Frage, bzw. Antwort. Wenn die Wirbel entsprechend dem Rechts- oder Linksgewinde eingedreht werden, muss also auch beachtet werden, von welcher Seite die Saiten eingefädelt werden.
Müssen die Wirbel, oder Bohrungen irgendwie vorbehandelt werden, mit Öl, Talkum, oder so ähnlich.

Sehr würde ich mich freuen, von Euch eine Hilfestellung zu bekommen, denn nachdem das Projekt min. 5 Jahre auf Eis lag, habe ich nun endlich in Rastenberg (Saale/Unstrut) ein ca. 55 Jahre abgelagertes Buchenholz erhalten, um die Grundkonstruktion wieder neu aufbauen zu können.
Im Moment macht mir noch Probleme, einen Klangkörper/Resonanzboden zu bekommen. Aber auch das wird geregelt.
herzliche Grüße
Günter

Udo Kretzschmann
Geigenbaumeister
Beiträge: 554
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Re: Nachbau eines Hackbretts

Beitrag von Udo Kretzschmann »

Hallo Günter,

ich bin zwar Geigenmacher, habe aber Ulrike Meinel, eine versierte Zitherbauerin hier am Ort, befragt. Sie gab folgende Informationen:

Sie schlägt nicht sondern dreht die Wirbel ein, gebohrt wird mit mindestens 0,4mm Untermaß ein ca. 15mm Sackloch. Eine Probebohrung in identischem Holz ist empfehlenswert. Ein wenig trockene (Kern-)Seife am Wirbel(anfang) verhilft zu besserer Stimmbarkeit. Ob Links- oder Rechtsgewinde hängt von der Position der Umlenkstifte ab, an der die Saite ja anliegen muß, aber auch nicht zu stark abgeknickt werden soll. Die Saite muß dabei so aufgezogen werden, daß beim Aufziehen (und also auch beim höher Stimmen) der Wirbel ins Holz hinein gezogen wird.

Viel Erfolg und schöne Größe aus dem Vogtland

Udo
Ach ja, man freut sich immer über eine Rückmeldung! ;-)

sproeber
Beiträge: 7
Registriert: Fr 07. Okt 2016, 15:12

Re: Nachbau eines Hackbretts

Beitrag von sproeber »

Hallo Udo,
vielen Dank,dass Du Dir diese Mühe gemacht hast.
Deine Antwort auf meine Fragen ist fantastisch fundiert und es sind damit auch die Fragen beantwortet, die ich noch gar nicht gestellt hatte, deren Beantwortung aber wichtig ist, Stichwort Umlenkstifte und Untermaß des Bohrers. Ich habe mir extra die Holzabfallstücke aufgehoben, um mit Probebohrungen feststellen zu können, wie fest die Wirbel halten, damit die Stimmung sich nicht verändert.
Solche Hilfen sind sehr wertvoll, denn es ist - zumindest für mich - eine große Herausforderung, so ein altes Instrument nachzubauen.

Bestimmt werde ich mich noch mal melden, wenn es an die Details des Klangholzes, also den Resonanzbodens geht.
Man ist da immer hin und her gerissen zwischen originalgerechtem Nachbau und der Berücksichtigung neuerer Erkenntnisse, die besonders in diesem Fall die Klangerzeugung sehr verbessern würden.
Da das alte Hackbrett in den wesentlichen Teilen noch vorliegt und von mir nicht verwendet wird, erlaube ich mir gewisse Modifikationen, denn eigentlich war es bereits ein Sakrileg, die alte Schwarzwälder Holzuhr, die von einen der damals umherziehenden "Spediteure" wahrscheinlich nach England kam, in ein Gehäuse einzubauen, dass der englischen Mode entsprach.

Herzliche Grüße zum Wochenende und nochmals vielen Dank
Günter

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