vierteltonsaxophon

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intune
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vierteltonsaxophon

Beitrag von intune »

hallo in die runde,

und da geht die frage auch hin -

wer weiß etwas über das vierteltonsaxophon
-aus dem gedächtnis
-kann auf unterlagen verweisen
-hat bilder
-kennt ein realstück (privat oder in öffentlichen sammlungen)

freue mich über jede noch so kleine klitzigkeit an information.

danke

ralph burke

Heidrun Eichler
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Re: vierteltonsaxophon

Beitrag von Heidrun Eichler »

Hallo an alle

das gibt es auch? Wir haben eine Vierteltonklarinette, gebaut von Fritz Schüller.


"Es ist anzunehmen, dass der tschechische Komponist Alois Haba die Anregung oder sogar den Auftrag gab für die Herstellung einer Vierteltondoppelklarinette. Der Markneukirchner Holzblasinstrumentenbaumeister Fritz Schüller hat 1932 dafür ein Patent erhalten. Er hat nur ein einziges Instrument dieser Art gebaut und es 1944 ins Museum gegeben. Haba hat sich intensiv mit der Vierteltonmusik beschäftigt und auch ein entsprechendes Klavier bauen lassen, das sich in der Sammlung des Musikinstrumenten-Museums Prag befindet.
Die Vierteltondoppelklarinette besteht aus zwei Röhren, die in ihrer Grundstimmung um einen Viertelton versetzt sind. Das kürzere Rohr entspricht der Normalstimmung, das längere klingt um einen Viertelton tiefer. Die Tonlöcher sind in der üblichen Art in chromatischen Abständen angebracht. Außer Halb- und Ganztönen kann man Viertelton- und auch Dreivierteltonschritte sowie weitere Intervalle spielen, die sich aus der Teilung ergeben. Sie klingen alle akustisch rein.
Die Handhabung erfolgt ähnlich wie bei der normalen Klarinette. Mit dem Öffnen oder Schließen eines Tonloches auf der einen Röhre wird gleichzeitig ein Öffnen oder Schließen auf der anderen Röhre erreicht. Das Umstell-Drehventil ist mit einem Hebel verbunden, der durch jeden Finger bewegt werden kann. Dadurch wird die Luft in das zu klingende Rohr geleitet. Schüller bewies mit der Konstruktion und baulichen Umsetzung der Klarinette, dass die Idee der Vierteltonmusik aus instrumentenbaulicher Sicht durchaus realisierbar ist. In der praktischen Musikausübung spielte sie allerdings keine Rolle. Demzufolge war auch kein Bedarf an entsprechenden Instrumenten vorhanden."

Das ist der Text von unserer Internetseite, findet Ihr unter Kuriositäten.

Es gäbe sicher noch mehr zu den Hintergründen zu sagen. (avantgardistische Musikrichtung-Nationalsozialismus usw.), aber jetzt wäre es wirklich interessant, ob es ein Saxophon in dieser Art auch gibt.

:megashok:

Extragruß an Ralph

Heidrun

Udo Kretzschmann
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Re: vierteltonsaxophon

Beitrag von Udo Kretzschmann »

Hallo Ralph,

ich schätze, daß es kein extra Viertelton- Saxophon gab, da - mit gewissen Einschränkungen - bereits auf einem üblichen Saxophon Vierteltöne gespielt werden können. Falls Du es probieren möchtest, findest Du eine Anleitung (Grifftabelle) dazu unter folgendem Link: http://www.wfg.woodwind.org/sax/sax_qt_2.html

Bei Wikipedia findet man aber eine Viertelton- Trompete und auch schöne Bilder der Vierteltonklarinette von Fritz Schüller.

Ich überlege auch schon, ob ich nicht mal eine Vietelton- Geige bauen sollte. ;-)

Schöne Grüße

Udo

Dr. Enrico Weller
Mitglied des Museumsvereins
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Re: vierteltonsaxophon

Beitrag von Dr. Enrico Weller »

Lieber Ralph und alles Freunde der Mikrointervalle,

leider habe ich meine Erkenntnisse zu Vierteltoninstrumenten, die ich vor einigen Jahren mal im Zusammenhang mit der Viertelton-Doppelklarinette von Fritz Schüller gewonnen habe, noch nie richtig systematisch zusammengestellt. Wenn ich mal Zeit habe werde ich mein damaliges Maschinen-Skript erst einmal auf den PC übertragen und dann gibt es sicherlich wieder neue Fragen. Soviel ist aber erst einmal sicher:
  • Die Markneukirchner Viertelton-Doppelklarinette ist ein Unikat bzw. ein Prototyp. Alois Habá wusste davon, war aber nicht der Auftraggeber. Eine „Verwertung“ der Erfindung hatte sich nach 1933 wohl auch deshalb erübrigt, weil die Vierteltonmusik schon im Umfeld der „Kunstentartung“ gesehen wurde, wenngleich Oskar Kroll das Instrument noch 1936 in der Deutschen Militärmusikzeitung anerkennend bespricht.
  • Habá hat vorwiegend mit böhmischen Firmen zusammengearbeitet, Klaviere von Förster (Löbau/ böhm. Filiale in Georgswalde) und Klarinetten von Kohlert in Graslitz. Diese Instrumente lagen bereits bei den ersten Aufführungen der Vierteltonoper „Matka“ 1930/31 vor.
  • Vierteltongeigen hat es wohl nie gegeben, da musste man wohl einfach zwischengreifen und gut hören bzw. weghören. Immerhin wäre – um auf Udos Angebot zurückzukommen – noch die Viertelton-Doppelgeige mit parallelem Saitensatz möglich, der um einen halben Ton verstimmt ist.
  • Bei Metallblasinstrumenten konnte man mit einem vierten Ventil (Vierteltonbogen) schon viel erreichen, das hat wohl Ende der 1920er Jahre zuerst die Firma Heckel in Dresden getan.
  • Nun noch zur eigentlichen Frage: Der Prototyp eines Vierteltonsaxophons existiert (existierte?) in der Sammlung der Instrumentenbauer-Fachschule in Graslitz/Kraslice. Eine Abbildung ist in folgenden Artikel zu finden: Joppig, Gunther: Blasinstrumentenbautypen in Kraslice - einst und jetzt, in: Das Musikinstrument 43. 11 (1994), S. 14-17. Der Hersteller war offenbar die Firma V. Kohlerts Söhne, die selbst mindestens drei Vierteltonklarinetten (mit einer Röhre und allerhand Zusatzklappen) gebaut hat und diese Methode dann sicherlich auch auf das Saxophon übertragen hat. Nur ein Teil der Graslitzer Fachschulsammlung ist öffentlich ausgestellt ist, so dass noch manch interessantes Modelle im Magazin schlummert.
Viele Grüße
E. Weller

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