Helikon

Moderatoren: Dr. Enrico Weller, Mario Weller

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MONI
Beiträge: 3
Registriert: Sa 09. Feb 2008, 17:11

Helikon

Beitrag von MONI »

Hallo liebe Musiker!

Ich brauche dringend Hilfe:
Ich hab bei meiner Oma eine Helikontuba auf dem Speicher gefunden.
Sie ist ca 100 Jahre alt und in sehr gutem Zustand(spielbar)...
Sie trägt die Aufschrift:

Ku.K.Hoflieferant
Anton Hüller
Musikinstrumentenfabrik
Garslitz/ Deutschböhmen
No 188

Was auch noch seltsam ist, ist, dass sie nur 3 Klappen hat , wie ein Susaphon, aber ansonsten eindeutig ein Helikon ist!!!

Weiß jemand irgendwas über dieses Instrument?
Oder vielleicht wie viel es wert ist?

Seit ich es gefunden habe lässt mich die Sache nicht mehr los... :aggressive:

Liebe Grüße MONI

intune
Beiträge: 1675
Registriert: Di 02. Okt 2007, 11:17
Wohnort: bei sinsheim

Re: Helikon

Beitrag von intune »

hallo
ich kann dir nur sagen dass 1891 wohl seine werkstatt gegründet wurde und dass noch weitere dreiventilige blechinstrumente bekannt sind.

zum helikon kann man in wiki schauen, in frankreich ist das teil heute noch bei historischen reiterparaden präsent.

gruss
r.b.

MONI
Beiträge: 3
Registriert: Sa 09. Feb 2008, 17:11

Re: Helikon

Beitrag von MONI »

Hi, danke für deine Antwort!
Ja, ich weiß dass es noch mehr dreiventilige Instrumente gibt...
Ich würde halt auch gern wissen ob das Instrument was besonderes ist, oder nur so 0-8-15...
Und darüber kann ich einfach nirgendwo was finden...
Und auch nicht darüber, ob diese Instrumentenwerkstatt noch existiert, sonst würde ich da mal hinschreiben! :search:
Weiß davon vielleicht jemand was?
MONI

W.Hartmann
Beiträge: 28
Registriert: Fr 04. Jan 2008, 11:25

Re: Helikon

Beitrag von W.Hartmann »

Hallo Moni!
Bin mir nicht sicher ob die Moderatoren exakte Informationen zu Anton Hüller in Graslitz haben.
Wenn ja, wird hier sicherlich noch eine konkretere Antwort zu erwarten sein...

Ich habe aber versucht zu recherchieren und bin in WIKIPEDIA auf folgenden Artikel gestoßen:
http://de.wikipedia.org/wiki/K.u.k._Hoflieferant

unter anderem dieser Satz:
Zu unterscheiden ist noch, dass Hoflieferanten entweder den Hof generell belieferten, oder nur spezifisch eine einzelne Person der kaiserlichen Familie. Ein Unternehmen konnte also k.u.k. Hoflieferant und/oder Kammerlieferant sein. Ein Beispiel ist Anton Hüller, der k.u.k. Hoflieferant und weiters "Kammerlieferant Seiner K.u.K Hoheit des hochw. durchlauchigsten Herrn Erzherzog Eugen von Österreich" für Musikinstrumente war.
Ferner habe ich festgestellt dass im Internet etliche ältere Instrumente mit seinem Namenszug und der Jahreszahl "um 1900" angegeben werden. Da diese Instrumenten-Auswahl aber von der Trompete bis zur Geige reicht vermute ich, dass er nicht alles in seinem eigenen Werk produziert hat, sondern womöglich schon ein kleines Handelsunternehmen hatte, welches von den besten Instrumentenbauern der Region die Instrumente weiter verkaufte!

Das sind jetzt aber eher Vermutungen von mir. Da mir konkrete Informationsquellen fehlen!
Fakt ist aber, dass ein "königlicher Hoflieferant" mit die besten Serien-Instrumente angeboten hat, die damals hergestellt wurden. Trotzdem sind sie nicht vergleichbar mit ausgesprochenen Meisterinstrumenten seiner Zeit. Die waren auch damals schon Individueller und Hochwertiger!
Ich hoffe, Ihnen helfe diese Angaben weiter...
HG, Wolfram Hartmann
W.Hartmann
Meister für Metallblasinstrumente

Dr. Enrico Weller
Mitglied des Museumsvereins
Beiträge: 515
Registriert: Do 26. Jan 2006, 20:44
Wohnort: Markneukirchen

Re: Helikon

Beitrag von Dr. Enrico Weller »

Liebe Moni,

aus folgenden Quellen kurze Angaben zum Hersteller Ihres Instrumentes:

Waterhouse, William: The New Langwill Index. A Dictionary of Musical Wind-Instrument Makers and Inventors, London: Bingham 1993, S. 186.
Dullat, Günter: Der Musikinstrumentenbau und die Musikfachschule in Graslitz von den Anfängen bis 1945, Nauheim: Selbstverlag 1997, S. 118ff

Anton Hüller ist der Sohn des Metallblasinstrumentenfabrikanten Emmanuel Hüller (1843-1916), der 1864 eine Firma gründete, die auch im Musikinstrumentenhandel tätig war. 1889 ist ein jährlicher Produktionsumfang von 2700 Blechblasinstrumenten angegeben. Anton Hüller (Geburtsjahr nicht überliefert, gest. 1929) hatte 1891 eine eigene Firma gegründet, die wohl vor allem im Handel (Export) aktiv war. 1916 übernahm er auch das väterliche Unternehmen. Nach 1929 wurden beide Firmen zunächst innerhalb der Familie bis mindestens 1942 weitergeführt, 1930 ist aber nun noch die Firma Anton Hüller genannt.
Mit diesen Daten können Sie die Herstellungszeit Ihres Instrumentes ungefähr eingrenzen, grob 1891 bis 1942, die Nennung von „Deutschböhmen“ weist aber eher auf die Zeit nach 1918, als man sich mit dem neuen Staat Tschechoslowakei noch sehr schwer tat.

Die Nennung des Hoflieferantentitels ist mir nicht ganz geheuer. In den o. g. Büchern wird zwar die rege Teilnahme an regionalen Ausstellungen mit Prämierungen erwähnt, nicht aber ein österreichischer Hoftitel. Und diesen hätte man mit Sicherheit auch in den Einträgen in Paul de Wits Weltadressbüchern der Musikinstrumenten-Industrie voller Stolz genannt (1906 und 1925/26 nicht zu finden). Meines Wissens hatte fünf Graslitzer Fabriken den Titel einer „K. u. k. privilegierten Musikinstrumenten-Fabrik“. Die Kombination von Deutschböhmen (als politischer Begriff nach 1918 diskutiert, später nahezu identisch mit dem Sudetenland) mit dem K. u. k. Hoftitel ist historisch gesehen eigentlich ein Anachronismus, aber war vielleicht eine gute Werbung.

Herzliche Grüße
E. Weller

MONI
Beiträge: 3
Registriert: Sa 09. Feb 2008, 17:11

Re: Helikon

Beitrag von MONI »

WOW, danke für die ausführlichen Antworten!

Jetzt weiß ich schon viel mehr über das Helikon... Aber ob es jetzt wirklich wertvoll ist, oder der "Hoflieferant" tatsächlich nur zur Werbung war bleibt nun offen :unknow:

Wird auf solchen Instrumenten heute überhaupt noch gespielt? :troet:
Das Helikon ist wie gesagt wunderschön, neu restauriert und hängt nutzlos auf dem Speicher!
Das tut mir ihrgendwie leid um das gute Stück! :sorry:

MONI

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