Bariton von Meister G. Polster

Moderatoren: Dr. Enrico Weller, Mario Weller

Antworten
DonPlotto
Beiträge: 4
Registriert: Mi 01. Feb 2017, 14:05

Bariton von Meister G. Polster

Beitrag von DonPlotto »

Hallo, zusammen,

ich bin neu hier. Weil ich nach 35 Jahren Erfahrung im Posaunenspiel im Posaunenchor etwas Neues lernen wollte, bin ich über einen anderen Posaunenchor in den Besitz eines Baritons von "Meister G. Polster" gekommen. So weit ich weiß, hat Meister Polster in Markneukirchen gearbeitet, aber ich finde auch in den Museumsunterlagen keinerlei Hinweise auf diese Werkstatt.

Das Bariton war in einem schlechten Pflegezustand, alle Züge und Ventile fest, weil es mehr als 30 Jahre lang nicht gespielt und auch nicht gepflegt worden war. Es ist mir aber mit Geduld, einem achtstündigen Vollbad in Geschirrspüllösung in der Badewanne, dann mit feinem Kriechöl gelungen, alles wieder ans Laufen zu bekommen. Danach folgte sorgfältige Zerlegung der Ventile und Hebel, Reinigung und Politur.

Was jetzt noch fehlt, sind die Anschlagpolster der Ventile. Diese sind teilweise aus ziemlich verschlissenem Silikongummi, diese werde ich durch Nachbauten der originalen Korkpolster ersetzen, von denen noch zwei vorhanden sind (zum Abgucken).

Trotzdem habe ich ein feines Instrument bekommen, und würde gerne etwas zu seiner Geschichte erfahren.

Die mitgeschickten Fotos zeigen den Zustand nach Gängigmachen von Ventilen und Zügen, aber vor Reinigung und Politur.

DonPlotto

PS.: Dieses Forum ist technisch eine Katastrophe! Warum kriegt man nur teelöffelchensweise mitgeteilt, was man mit Dateiuploads alles nicht darf?
bariton_polster_ventile_spielhand-abgewandte_seite.jpg
bariton_polster_gesamtansicht_von_oben.jpg
bariton_polster_namensgravur__3.jpg
Erst ist das Foto zu groß, dann ist es nicht im Hochformat, dann darf man nicht mehr als drei ... wäre nett, diese Details erführe man vorher und nicht erst durch eine Fehlermeldung, damit man nicht alles dreimal machen muss.

intune
Beiträge: 1675
Registriert: Di 02. Okt 2007, 11:17
Wohnort: bei sinsheim

Re: Bariton von Meister G. Polster

Beitrag von intune »

dynamischer "Eintritt" :dirol: hallo !

Mario Weller
Metallblasinstrumentenbaumeister
Beiträge: 1383
Registriert: So 08. Apr 2007, 16:25
Wohnort: Markneukirchen

Re: Bariton von Meister G. Polster

Beitrag von Mario Weller »

Hallo DonPlotto,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich hoffe Ihnen mit meiner nachfolgenden Antwort über Ihren berechtigten Ärger über die vorhandenen technischen Unzulänglichkeiten hinweg zu helfen. Da die Werkstatt Gerhard Polster nicht unbedingt so alt ist bzw. war, halten sich die bei uns zu findenden Informationen auch sehr in Grenzen. Zudem gab es bisher auch nur selten Anfragen, da wird doch meist nach Informationen zu viel älteren Instrumenten gesucht.
Gerhard Polster (1915-1987) kam erst nach dem 2. Weltkrieg zu seinem Beruf. Er erlernte diesen bei seinem Schwiegervater Albin Feiler (1884-1956) und schloss im Jahre 1954 die Meisterprüfung ab. Kurz darauf, im Jahre 1955, übernahm er die Werkstatt seines Schwiegervaters, welcher noch bis zu seinem Tod 1956 mitarbeitete.
In der Werkstatt Polster erlernten nacheinander 5 Lehrlinge den Beruf, auch arbeiteten mehrere Gesellen für ihn (max. 5 Instrumentenmacher gleichzeitig in der Werkstatt).

Gerhard Polster fertigte von einfachen Trompeten und Flügelhörnern, über Tenorhorn, Bariton und Posaune auch eine stattliche Zahl an Tuben in B, F und auch Es.
Da er im Jahre 1961 in die Migma (eine bis heute bestehende Handwerker-Genossenschaft) eintrat und die Firma 1985 erlosch, ist damit auch der Zeitraum der Entstehung grob eingegrenzt.

Befindet sich seitlich in der Büchse des 1. Ventils oder aber auch im Ringchen der Mundrohrzwinge eine zusätzliche (zu den ohnehin vorhandenen Büchsennummern) Zahl oder ein Buchstabe? Oder gar beides?


Mit freundlichen Grüßen

Mario Weller


P.S.: mein Respekt, dass Sie 8 Stunden mit Ihrem Bariton in der Badewanne verbracht haben!

DonPlotto
Beiträge: 4
Registriert: Mi 01. Feb 2017, 14:05

Re: Bariton von Meister G. Polster

Beitrag von DonPlotto »

Hallo, Herr Weller,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort. Es ist nicht mein Anliegen, einen eventuellen Wert meines Baritons zu ermitteln, ich möchte es wirklich nur zum Spielen verwenden, bin aber aufgrund der festgestellten Klangeigenschaften der Meinung, dass ich mit diesem Instrument ein kleines Schätzchen gehoben habe, vor allem, wenn man bedenkt, dass ich es geschenkt bekommen habe. Nach Ihren Jahresangaben könnte das Instrument also zwischen 59 und 33 Jahren alt sein.

Ich werde mir nur noch ein anderes Mundstück suchen. Das Monke-Mundstück mit der Größenbezeichnung "17", das dabei war, ist mir zu eng (vor allem der Rand), mein Posaunenmundstück (Arnold&Sons) der Größe "12 C-L" liegt mir mehr, passt aber nur mit Mühe in die engere Mundrohrzwinge.

Am Mundrohrring gibt es keine eingeschlagene Zahl, wohl aber an allen vier Ventilbüchsen, und zwar genau zwischen den Austritten der Ventilschleifen. Die Ventilbüchsen sind fortlaufend numeriert mit "21" (Ventil 1), "22" (Ventil 2), "23" (Ventil 3) und "24" (Ventil 4). Die gleiche Numerierung befindet sich auf der Innenseite der Ventilböden. Zusätzlich gibt es die Markierung "Made in GDR" auf der Außenseite des Ventilbodens des zweiten Ventils.

Wenn ich die Historie des Markneukirchener Instrumentenbaus richtig verstanden habe, dann wurden die Ventilmaschinen in der Regel nicht von den Instrumentenbaumeistern selbst gefertigt, sondern von ebenfalls in Markneukirchen ansässigen Werkstätten (wie Dreier oder Paulus) hinzugekauft.

Was mir bei diesem Instrument auch auffiel, ist die Position bzw. der Winkel der Federhebel der Ventile. Alle vier Ventilhebel sind leicht gegeneinander angewinkelt, so dass die Griffplatten enger zueinander stehen, als die bauartbedingte Breite der Ventile mit ihren Zu- und Abführungen vorgibt. Das kommt der Fingerposition entgegen (zumindest meiner). Diese Ventile lassen sich angenehmer betätigen, als die eines B&S-Baritons, dass ich mir ausgeliehen hatte, bevor ich das Polster-Instrument bekam. Auf meinem Foto "bariton_polster_gesamtansicht_von_oben.jpg" kann man die leichte Anwinklung ganz gut erkennen.

Auf diesem Bild ist auch zu erkennen, dass zwei Teile fehlen, nämlich die Kontermutter der langen Gewindestange, die die Kipphebel und die Federn hält, und die Feststellschraube für die Marschgabel. Sind solche Teile noch eventuell authentisch erhältlich, oder soll ich mich da einfach im Baumarkt umsehen?

Vielen Dank erst einmal für diese anregende Korrespondenz.

Gruß
DonPlotto

PS.: Ich habe mein Bariton allein baden lassen, es ist ja schon groß. :lol:

DonPlotto
Beiträge: 4
Registriert: Mi 01. Feb 2017, 14:05

Re: Bariton von Meister G. Polster

Beitrag von DonPlotto »

intune hat geschrieben:dynamischer "Eintritt" :dirol: hallo !
Hallo, intune, sei gegrüßt. Klar dynamisch, ich bin ja auch ein rüstiger Rentner von nur 65.

Mario Weller
Metallblasinstrumentenbaumeister
Beiträge: 1383
Registriert: So 08. Apr 2007, 16:25
Wohnort: Markneukirchen

Re: Bariton von Meister G. Polster

Beitrag von Mario Weller »

Hallo DonPlotto,

es freut mich, dass Sie mir weitere Angaben zum Instrument verraten haben. Die von Ihnen angegebenen Kennzeichnungen der Ventile sind einleuchtend, da habe ich keine anderen erwartet. Nur gab es bei Polster auch noch zusätzliche Zahlen, worin sich der jeweilige Geselle Polsters "verewigte". Daher rührte meine Frage.
Wie auch heute noch üblich, ist der Beruf des Instrumentenmachers in drei Bereiche unterteilt. Das sind der Schallstückmacher, der Maschinenmacher (Zylinder oder Perinet, auch schon mal beides) und der Instrumentenmacher. In größeren Firmen gibt es noch weitere Arbeitsteilungen, jedoch nicht als "Extra"-Beruf.
Von daher hatte Gerhard Polster allein was die Zylindermaschinen anbetrifft 6 verschiedene Zulieferwerkstätten.
Das "Zusammenrucken" der Drücker wurde häufig angewandt. Wie Sie selbst erfahren haben, so es Spielern mit kleinen Händen entgegen kommen.
Die Muttern der Gewindestange hat im Prinzip jeder Instrumentenmacher "auf Lager" oder in einer Ersatzteilkiste. Ob sich die Gewindesteigung beider miteinander verträgt muss man einfach probieren, aber mit einem Teil aus dem Baumarkt würden Sie Ihrem Instrument nur optisch weh tun.


Mit freundlichen Grüßen

Mario Weller

DonPlotto
Beiträge: 4
Registriert: Mi 01. Feb 2017, 14:05

Re: Bariton von Meister G. Polster

Beitrag von DonPlotto »

Hallo, Herr Weller,

ich habe in der Tat noch zwei weitere Markierungen gefunden, beide an der Hebelmechanik der Zylinderventile.
Auf dem Träger der Ventilhebel ist links vom ersten Drücker (von den Druckplatten aus gesehen) die Ziffer "6" eingeschlagen. Diese Ziffer "6" findet sich auch auf der einzigen verbliebenen Mutter der Gewindestange.

Weitere Markierungen sind auf dem ganzen Instrument nicht zu finden.

Gruß
DonPlotto
Dateianhänge
bariton_polster_gewindestange_mutter.jpg
bariton_polster_gewindestange_mutter.jpg (72.57 KiB) 3012 mal betrachtet
bariton_polster_ventilhebeltraeger.jpg
bariton_polster_ventilhebeltraeger.jpg (65.67 KiB) 3012 mal betrachtet

Antworten