Stroviol - Stroh-Geige

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geigenmartin
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Stroviol - Stroh-Geige

Beitrag von geigenmartin »

Hallo,
ich spiele zwar auf einer Hopf-Geige und einer sehr schönen namenlosen Vogtländer Geige, habe auch eine C.A.Wunderlich für meinen Sohn, habe aber heute eine ganz unvogtländische Frage :unknow:
Ich habe ein Instrument von "Stroviols" gekauft. Es ist auf folgender Website
http://www.springersmusic.co.uk/Library/Stroviols.htm
mit der Bezeichnung "Strohviol aluminium horn C1920" gekennzeichnet und abgebildet.
Das Instrument ist ca 80 cm lang, hat die Vorrichtung für eine Saite, wird mittels eines metallenen Halters zwischen die Knie geklemmt und demnach wohl mit einem Bogen gestrichen.
Die in großen ungleichmäßigen Abständen eingelassenen Bünde sind völlig plan mit dem Griffbrett, es erscheint fraglich, ob die überhaupt rausgeschaut haben. Zwischen manchen Bünden befinden sich runde Perlmutt-Einlagen.
Die Membran ist ok, aber muss neu mit Gummiringen oder so was abgefedert werden. Auch sonst ist alles ganz gut erhalten.

Ich habe 230 Euro bezahlt, was mir in Anbetracht des seltenen Erscheinens dieser Instrumente bei ebay nicht sehr
viel erscheint.

Fragen:
Ist der Preis ok?
Kann man rauskriegen, was für eine Saite da drauf muss und auf welche Höhe sie gestimmt wird?

Ich bin neu hier im Forum, ich kenne mich daher noch nicht aus. Kann/soll ich Bilder schicken? Ich habe es mal probiert...
15-215 (2).jpg
Liebe Grüße, Martin

Udo Kretzschmann
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Re: Stroviol - Stroh-Geige

Beitrag von Udo Kretzschmann »

Hallo Martin,

80cm, das ist eine eigenartige Länge. Das müßte dann eine Art kleines Stroh-Violoncello sein.

Auf der Seite http://www.strohviolin-shop.com/de/hist.php sieht man so etwas im Spiel, könnte das passen?

Für die Besaitung wäre die schwingende Saitenlänge das wichtigste Kriterium, wie lang ist diese (Abstand Stegoberkante - Obersattel)?

Zu dem Wert von Instrumente wird hier nicht gesprochen. Abr bei so einem Liebhaberstück ist das wohl generell nicht möglich. Wenn einem das Teil soviel wert ist, zahlt man den Preis, und gut.

Gern würde ich noch mehr Bilder sehen! Kann man das Prinzip der Schwingungsübertragung erkennen?

Mit freundlichen Grüßen

Udo Kretzschmann

geigenmartin
Beiträge: 14
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Re: Stroviol - Stroh-Geige

Beitrag von geigenmartin »

Hallo Udo, danke für die Antwort.
Die frei schwingende Saitenlänge beträgt ca. 65 cm.
Der Klang ist bei festem Zupfen etwas schnarrend, was aber an den fehlenden Abfederungen der Membrane liegen kann. Mit einem Geigenbogen gestrichen klingt es recht laut. Ich habe zum Testen eine Gitarren-Stahsaite (h') aufgezogen und sie auf c gestimmt. Die Bünde geben in diesem Fall beim Spielen keinen Sinn, ganz- und Halbtonschritte passen nicht dazu.
Der Mechanismus ist folgender: Die Saite läuft über einen metallenen Steg, der an einem Querstab leicht beweglich auf der Holzoberkante befestigt ist. Der Steg geht durch ein Loch im Holz nach innen, ist dann umgebogen und direkt an einer recht stabil wirkenden Membran angeklebt mit einer Art Kitt. Ich wollte jetzt aber nicht daran herumkratzen, um nichts kaputt zu machen... Ich hatte es vorsichtig aufgeschraubt, möchte es aber wegen der Rückgabemöglichkeit solange nicht weiter bearbeiten, bis ich mich entschieden habe, ob ich es behalte oder nicht. Deswegen gibt es davon kein Bild.
Die Membran ist mit "Dichtungsringen" auf beiden Seiten am Holz abgefedert, auf der anderen Seite befindet sich dann die Öffnung zum Schalltrichter.

Die Haltung des Instrumentes auf dem Bild auf der genannten Website passt.
Weitere Bilder schicke ich gerne, ich musste sie aber alle etwas verkleinern, da sie sonst nicht durch den Filter gehen, so fehlt immer ein Stück des Instrumentes. Das mit dem Messingtrichter ist ein anderes Instrument, sieht aber sonst genau so aus.
Liebe Grüße, Martin
Dateianhänge
V PF Stroh1.JPG
15-216 - Kopie.jpg
15-215.jpg

geigenmartin
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Re: Stroviol - Stroh-Geige

Beitrag von geigenmartin »

Es gibt Neuigkeiten von meiner 0ne-string Stroviol:
Ich habe jetzt eine obligato-a-Saite vom Cello aufgezogen, die defekte Dichtung aus Keramik (!!!) ersetzt durch ein entsprechend dickes Stromkabel vom Auto, die Membran und den Membranraum gereinigt und jetzt klingt das Instrument erstaunlich ansprechend. Das Klirren ist weg, der Klang ist natürlich etwas blechern, aber man kann mit etwas Gefühl in der Bogenhand und ein bisschen Vibrato wirklich ganz schöne Töne erzeugen. Das Greifen ist natürlich für einen Geiger sehr ungewohnt, riesige Abstände usw. aber ich freue mich schon darauf, in unserer Folkband damit ein bisschen Bassbegleitung zu spielen und ordentlich Krach zu machen :gitarre2: :violin: :rocker: .

Eben gerade wurde ein ähnliches INstrument bei ebay versteigert, erstaunlich, dass zwei hier doch recht seltene Instrumente so kurz hintereinander unter den Hammer kommen.
Soviel für heute abend, herzliche Grüße an alle Intereesierten,
Martin

Udo Kretzschmann
Geigenbaumeister
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Re: Stroviol - Stroh-Geige

Beitrag von Udo Kretzschmann »

Hallo Martin,

Danke für den Erfahrungsbericht! Schlage mich grad ein wenig mit Grippe herun, da lese ich gern Neuigkeiten.

Gibt es zu den eigenwilligen Bund-Abständen neue Erkenntnisse? Oder sieht das nur so ungleichmäßig auf dem Foto aus? Nach der bekannten Mensurformel müßte bei 65cm schwingender Saitenlänge der 1. Bund bei 3,6cm und der 2. etwa bei 7,1cm befinden. Der 12. ist immer bei der halben Mensurlänge.

Aber vielleicht ist das Teil ja pentatonisch gestimmt ;-)
Und was ordentlich Krach machen betrifft, da hätte ich noch Alternativen:Bild oder Bild und ich persönlich am liebsten so: Bild

Viele Grüße

Udo

geigenmartin
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Registriert: So 28. Apr 2013, 17:08

Re: Stroviol - Stroh-Geige

Beitrag von geigenmartin »

Hallo Udo,
die Bünde haben glaube ich eher dekorativen Charakter und dienen der Orientierung, da die Metallbänder ja auch nicht herausschauen aus dem Gruiffbrett. Die Abstände sind sehr weit: 1. Bund ca 12 cm, 2. Bund ca 18 cm, 3. Bund ca 25 cm, 4. Bund ca 29 cm, 5. Bnund ca 31 cm vom Obersattel entfernt. Da ist auch die Oktave angesiedelt.
Von wegen Pentatonisch: Bei mir klingt es im Moment noch eher nach Schönberg und noch mehr als 12 Tönen...
LG, Martin

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