Violine Frant. Herclik

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svolkmar2011
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Violine Frant. Herclik

Beitrag von svolkmar2011 »

Hallo,

ich habe eine Violine in meinem Besitz mit folgendem Etikett im Inneren:
frant. Herclik mistr houslar mlada boleslav

Bisherige Recherchen habe ergeben, dass es sich um den Vater des bekannten Josef Bohumil Herclík ist. Liege ich da richtig und wenn ja, was taugen die Instrumente von Frantisek Herclik?
Das Etikett ist allerdings nur gedruckt und erhält keine Handschriftlichen ergänzungen -ist es trotzdem echt. Die Geige sieht schon gut benutzt aus.

Vielen Dank für eure Hilfe

S. Volkmar

svolkmar2011
Beiträge: 3
Registriert: Mo 19. Dez 2011, 16:30

Re: Violine Frant. Herclik

Beitrag von svolkmar2011 »

Hallo,

ich habe jetzt noch ein paar Bilder der Geige und des Zettels eingefügt. Ist die Geige echt- bzw. wurden auch Instrumente von Herclik häufig kopiert/gefälscht. Die Schnecke ist relativ ungleichmäßig gearbeitet und die Wirbel müssten dringend angepasst werden. Mich würde eigentlich nur interessieren, ob die Investition lohnt.

Vielen Dank für eure Hilfe

S. Volkmar
Dateianhänge
herclik3.jpg
herclik3.jpg (4.64 KiB) 4908 mal betrachtet
herclik2.jpg
herclik1.jpg

Udo Kretzschmann
Geigenbaumeister
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Re: Violine Frant. Herclik

Beitrag von Udo Kretzschmann »

Hallo!

František Herclik war der Vater von Josef Bohumil. Wer jetzt der Bekanntere war, sei einmal dahingestellt. Auf alle Fälle ist es absolut unmöglich, nur anhand der Fotos eine Echtheit zu bestätigen! Selbst mit einem Instrument in Händen ist dies nicht immer möglich.

Ob Herclik überhaupt gefälscht wurde, vermag ich nicht zu sagen, warum sollte aber nicht auch dieser Name verwendet worden sein... Das Fehlen einer handschriftlichen Ergänzung besagt gar nichts. Erstens gab es genügend Geigenmacher, die immer nur rein gedruckte Zettel verwendeten und zweitens wurde, wenn gefälscht wurde, selbstverständlich auch die handschriftliche Ergänzung (meist ja nur die letzten Ziffern der Jahreszahl) "nachempfunden".

Wenn ich mir die Geige so anschaue - was halt die Fotos zulassen - so sehe ich eine Reparatur für absolut gerechtfertigt an. Ein neuer Satz Wirbel oder die Originalwirbel nachzupassen kostet ja wahrlich nicht die Welt. Dabei kommen mit ziemlicher Sicherheit noch ein paar andere Sachen dazu, die man halt als Laie nicht gleich erkennt. Wenn aber das Instrument beim Geigenmacher ist, wird dieser ja sicher über alle Mängel aufklären und, wo möglich, eine Beseitigung anbieten.

Wie klingt denn die Geige im jetzigen Zustand? Wenn Sie sich zu einer Reparatur entschließen, so kann ich Ihnen anbieten, mit dem Instrument nach Markneukirchen zu kommen, hier die Liste der hiesigen Geigenbauer. Und ein Besuch des Museum lohnt sich bei dieser Gelegenheit auf alle Fälle auch!

Mit freundlichen Grüßen

Udo

svolkmar2011
Beiträge: 3
Registriert: Mo 19. Dez 2011, 16:30

Re: Violine Frant. Herclik

Beitrag von svolkmar2011 »

Hallo,

ich hatte nun die Geige bei einem Geigenbauer in meiner Nähe. Leider konnte er mir auch nicht mit Sicherheit sagen, ob sie echt ist - es könnte aber zumindest sein. Das Instrument sei eher einfach gebaut, der Wert wurde auf ca. 1500 Euro geschätzt.
Ich finde sie klanglich sehr schön (besser als mein Mittenwalder Schülerinstrument) - insbesondere die D- und G- Saiten stechen hervor. Die E-Saite ist aber der 4. Lage eher schwach - naja, bei dem Wert des Instruemnts ja auch nicht verwunderlich.
Warum haben denn böhmische Geigen eher einen schlechten Ruf - das ist zumindest mein Eindruck, wenn ich so im Internet recherchiere...
Falls trotzdem noch jemand etwas zu meinem Instrument sagen kann, würde ich mich sehr freuen.

Heidrun Eichler
Museumsmitarbeiter
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Re: Violine Frant. Herclik

Beitrag von Heidrun Eichler »

Warum haben denn böhmische Geigen eher einen schlechten Ruf - das ist zumindest mein Eindruck, wenn ich so im Internet recherchiere...

"Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert"

Der böhmische (wie auch der vogtländische) Instrumentenbau ist mit Sicherheit besser als sein Ruf, den auch heute noch manche gern aus Konkurrenzgründen so darstellen: "da man dort ja nur billige Massenware produziert(e)",
was so nicht stimmt.
Es ist tatsächlich so, dass man immer ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis hat(te), sehr fleißig war und sehr schnell gebaut hat ( was u.a. durch die Abhängigkeit von den Händlern geschuldet war). Es gab eine andere Arbeitsweise (frei aufgeschachtelt, ohne Eckklötzchen) als in anderen Geigenbauzentren, was aber nicht zwangsläufig zum Klangverlust führt.
Das sind jetzt mal meine Thesen zum Thema, die ich gern durch die Experten bestätigt oder korrigiert haben möchte.

Außerdem stelle ich in der Führung immer klar, dass Massenware nicht von vornherein als negativ zu sehen ist, sondern auch den nicht finanzkräftigen Leuten ermöglichte, sich eine Instrument zu kaufen und damit überhaupt erst die Möglichkeit zum Musizieren gegeben war. Der soziale Aspekt ist nicht hoch genug zu würdigen.

meint
mit bsten Grüßen
Heidrun

Heidrun Eichler
Museumsmitarbeiter
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Re: Violine Frant. Herclik

Beitrag von Heidrun Eichler »

Heidrun Eichler hat geschrieben:Warum haben denn böhmische Geigen eher einen schlechten Ruf - das ist zumindest mein Eindruck, wenn ich so im Internet recherchiere...
"Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert"

Der böhmische (wie auch der vogtländische) Instrumentenbau ist mit Sicherheit besser als sein Ruf, den auch heute noch manche gern aus Konkurrenzgründen so darstellen: "da man dort ja nur billige Massenware produziert(e)",
was so nicht stimmt.
Es ist tatsächlich so, dass man immer ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis hat(te), sehr fleißig war und sehr schnell gebaut hat ( was u.a. durch die Abhängigkeit von den Händlern geschuldet war). Es gab eine andere Arbeitsweise (frei aufgeschachtelt, ohne Eckklötzchen) als in anderen Geigenbauzentren, was aber nicht zwangsläufig zum Klangverlust führt.
Das sind jetzt mal meine Thesen zum Thema, die ich gern durch die Experten bestätigt oder korrigiert haben möchte.

Außerdem stelle ich in der Führung immer klar, dass Massenware nicht von vornherein als negativ zu sehen ist, sondern auch den nicht finanzkräftigen Leuten ermöglichte, sich ein Instrument zu kaufen und damit überhaupt erst die Möglichkeit zum Musizieren gegeben war. Der soziale Aspekt ist nicht hoch genug zu würdigen.

meint
mit besten Grüßen
Heidrun

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